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3 Fragen an Prof. Dr. Anja Schulz...zum Thema Kreditgeschäft und Bankenregulierung

Was sind derzeit die größten Herausforderungen im Kreditgeschäft?

Das Kreditgeschäft steht aus verschiedenen Perspektiven im Fokus. Während der andauernden Corona-Pandemie hat die Sicherstellung der Kreditversorgung der Realwirtschaft weiterhin oberste Priorität. Gleichzeitig muss verhindert werden, dass aus der immer noch angespannten wirtschaftlichen Situation vieler Unternehmen gravierende Probleme bei den Banken und Sparkassen entstehen. Wie bereits in der Finanzmarktkrise bestand insbesondere zu Beginn der Pandemie die Sorge einer prozyklischen Wirkung der regulatorischen Eigenmittelerfordernisse für das Kreditgeschäft. Derzeit fällt glücklicherweise die Bildung erforderlicher Risikovorsorge bei den Kreditinstituten niedriger aus als anfangs erwartet und auch eine Prozyklizität ist nicht zu beobachten.

 

Welche Rolle spielen dabei die Regulierungen?

Die am 16. August veröffentlichte sechste Überarbeitung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) dient schwerpunktmäßig dazu, Vorgaben aus der Guideline on management of non-performing and forbone exposures (NPL-Guideline), die von der European Banking Authority (EBA) im Oktober 2018 veröffentlicht worden ist, in Deutschland umzusetzen. Damit gelten auch für national beaufsichtigte Kreditinstitute detailliertere Vorgaben zum Umgang mit leistungsgestörten Krediten, die von Strategie- und Governance-Aspekten bis zur Bewertung von Immobiliensicherheiten reichen. Die Europäische Zentralbank hatte für direkt von ihr beaufsichtigte Kreditinstitute bereits 2017 einen entsprechenden Leitfaden veröffentlicht.

Zusätzlich stehen weitere Vorgaben in der regulatorischen Pipeline. So sollen die von EBA in 2020 vorgelegten Standards für die Kreditvergabe und -überwachung Inhalte der anstehenden (siebten) Novellierung der MaRisk sein. Dies wird zu konkreteren und umfangreicheren Anforderungen an die Kreditprozesse führen. Künftig sollen in den Kreditwürdigkeitsprüfungen auch die Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten im Sinne von Umwelt, Soziales, Unternehmensführung (Environmental, Social, Governance, kurz: ESG) auf die Finanzlage und das Geschäftsmodell von Unternehmen berücksichtigt werden. Eine erste Orientierungshilfe für den Umgang mit ESG-Risiken gibt das bereits in 2019 veröffentlichte Merkblatt der BaFin. Zur Berücksichtigung von ESG-Risiken im Risikomanagement und in den Kreditprozessen sind weitere und vermutlich detailliertere Vorgaben in nächster Zeit zu erwarten.

 

Welche Handlungsempfehlungen geben Sie den Banken jetzt?

Die Vielzahl der veröffentlichten und noch geplanten neuen Anforderungen sollte von den Kreditinstituten zum Anlass genommen werden, die gegenwärtigen Kreditprozesse grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Ein derartiges Vorhaben ist aktuell zwar eine große aber lohnende Herausforderung. Prozesse, die unter Berücksichtigung der Digitalisierung auf effiziente und effektive Weise den regulatorischen Anforderungen und den Geschäftszielen entsprechen, würden künftig Kosten reduzieren. Mittel- und langfristig werden sich die Anstrengungen in diesen Bereichen also auf jeden Fall auszahlen.

 

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